Singap00r Flashs.

16.06.10 - 17:44 - Ecke Claymore Hill / Scotts Road.
Wir rauchen eine selbstgedrehte "Drum"-Zigarette im McCafe. Jeder Tisch ist belegt und von jedem steigen Rauchwolken auf. Asiaten, Araber und Europäer laufen hinter meinem Rücken und vor den Schaufenstern mit den riesigen "Sale Up to 50%"-Aufklebern des "Mango"-Stores vorbei. 3 Meter vor mir die stark befahrene Scotts Road, links neben mir eine, wie ein Toilettenhäuschen aussehende, Starbuck's -Filiale. "24 HOURS", steht auf dem kleinen Schild, das gut sichtbar unter dem Firmenlogo plaziert ist. Der angenehm kühle Wind bringt die riesigen Palmen, Urwaldgewächse, die den Straßenrand säumen und aussehen als wären sie einer Doku auf Discoverychannel entwachsen, zum Schwingen. Kaffeeduft zieht neben Straßenlärm an meiner Nase vorbei. Zufällig bemerke ich, dass ich plötzlich eine Wifi-Verbindung habe, kein Passwortschutz. Keine neuen Emails. Chihi liest im Lonely Planet. Ich mache mir Gedanken wie die Welt der Zukunft aussehen mag. Vielleicht so wie hier. Ich frage mich ob ich in Sydney, New York, San Francisco oder Singapur bin. Ich sehe wieder nach links zu den riesigen Urwaldgewächsen um mich zu vergewissern. Die Energie um mich herum scheint grenzenlos, vielleicht hervorgerufen durch die unzähligen Mobiltelefone auf den Tischen um uns herum. Ich zähle mehr Handys als Menschen. Ich rauche meine Zigarette fertig. In Singapur habe ich beschlossen, aufgrund des hohen Tabakpreises, die Zigaretten wirklich bis zum Ende zu rauchen. Ich schlage Chihi vor uns ein neues Plätzchen, neue Eindrüchke zu suchen.

17.06.10 - 17:55 - Maxwell Food Center.
Gerade habe ich meine Szechuan Beef Noodle Soup verpiesen. Fantastsich ausbalanciert; eine starke Rindfleischbrühe, angereichert mit dunkler Sojasoße, gehackten, gerösteten Zwiebeln, Frühlingszwiebeln und mit in Chilliöl angebratenen Nudeln. Reichlich geschmortes und mit der Schere vom Ganzen geschnittenes Rindfleisch obendrauf. Große Küche, kleiner Preis. Der Foodcourt, an dessen Außenseite wir sitzen, liegt in Chinatown gegenüber der Singapur City Gallery. Die Ausstellung dort ist modern und zeigt die Stadtplanung für die nächsten Jahrzehnte. Die Visionen sind selbstbewußt und es fällt mir schwer mich zu entspannen. Zuviele Gedanken, die diese Satdt in mir aufbegehren lässt. Zuviele Ideen. Mein Kopf ist voll wie mein Magen. Um uns herum kommen immer mehr Leute, wahrscheinlich gerade von der Arbeit, um ihre wenige freie Zeit mit einem Abendessen einzuleiten. Singapur plant an allen Ecken und Enden des Landes neue "Recreational"-Parks, Anlagen und Gebiete, in denen sich die Menschen zu erholen haben, um wieder fit für die Arbeitswelt zu sein. Singapur scheint besessen von der Idee mehr und mehr dieser "wiederherstellenden" Örtlichkeiten produzieren zu müssen, immer natürlich mit einer genauen Angabe wie sich dann dort genau erholt werden soll. Auch Spaß wird vorgeschrieben. Ich will solche Flächen nie brauchen. Die schwarze Katze auf der anderen Bürgersteigseite wohl auch nicht. Vielleicht sollte ich sie mal fragen, wenn wir aufgestanden sind.

23.06.10 - 15:33 - Holland Park.
Ich sitze am Fenster im 9. Stock eines teuren Appartementsblocks, schaue dem Regen zu, wie in vor mir die Tiefe fällt. Ich habe die Zeit mir Gedanken über die Welt und das Leben darin zu machen und bin dankbar dafür. Dem durchchnittlichen Singapurer bleibt diese Zeit wohl kaum. Es ist erschreckend welchen Preis die Menschen für "sogenannten" Luxus bezahlen und scheinbar auch bezahlen wollen. Alles hat seinen Preis, aber bitte nicht um jeden. Es ist ein besonderes Leben, dass wir gerade führen. Ein Leben im Luxus, ohne viel dafür bezahlen zu müssen. Ich trinke den Kaffee nach dem Essen, der mir auf Bestellung von der Hausangestellten gebracht wurde. Unser Zimmer wird täglich geputzt, unser Badezimmer selbstverständlich auch. Es wird für uns gekocht. Wir haben zwar das Geld dafür nicht, aber wir kennen Menschen, die es haben.
Singapur selbst ist eine sehr interessante Stadt, vielleicht mehr. Einen Eindruck über die Zukunft haben wir gestern bekommen, als wir uns das Marina Bay Sands angeschaut haben. Ein sogenanntes "Integrated Resort", das Singapur scheut beim Namen zu nennen: Casino. Aber es ist nicht nur das. Der Komplex beherbergt Luxushotels, Luxusboutiquen, Luxusrestaurants und zu allem erdenklichen Überfluß auch noch das größte Outdoor-Schwimmbad auf dieser Höhe der Welt. Planschen auf dem Dach 200m über dem Erdboden. Schöne neue Welt. In Indien werden wir uns sicher des Öfteren an diesen Traum von der heilen Welt erinnern. Wahrscheinlich schon viel früher. Wie verschieden und doch gleich ist unsere Welt.

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