Als ich vor dem Beginn unserer Reise auf unserer Homepage geschrieben habe, dass wir neugierig sind, offen für alles Neue und uns treiben lassen wollen, habe ich das auch so gemeint. Wenngleich
Dich diese Einstellung nie wissen lässt, was genau denn eigentlich kommen soll. Nach mehr als einem Jahr "on the road" kann ich das für den Moment, und nur in dem Leben wir gerade, anhand unseres
Engagements über sogenannte Gastfreundschaftsnetzwerke neue Leute kennenzulernen, verdeutlichen.
Es konnte sich zu Anfang nicht abzeichnen, wie sehr wir Teil dieser weltweiten Gemeinden von neugierigen Nonkonformisten, Im-ganz-Kleinen-Weltverbessern und gelangweilten, aber vom Fremden
angezogenen Normalos einmal angehören werden. Der Großteil unserer besten Erfahrungen der letzten 13 Monate lassen sich nicht auf Besichtigungen historischer Bauwerke, seltene Naturerfahrungen
oder der Teilnahme an exotischen Eingeborenentänzen zurückführen. Der wahre Motor, ein nicht vorhergesehener, sind unsere neuen Freunde, Bekannten und idealistischen Weggefährten geworden, die
uns in den vergangenen Monaten ein Obdach und mehr gewährten und von denen wir hoffentlich noch viele neue treffen werden. All Ihnen sei vorweg ein großer Dank ausgesprochen.
Über die Internetplatformen CouchSurfing, The Hospitality Club und
neuerdings auch Global Freeloaders haben wir das erfahren, wovon ich immer träumte. Einen kleinen Teil der Welt mit ihren Menschen
besser verstehen zu lernen. Haben wir anfangs auf das Angebot dieser Gemeinschaften vorwiegend aus finanzieller Motivation zurückgegriffen, um einfach das Geld für eine Unterkunft zu sparen,
durften wir schnell feststellen, dass es sich bei der Einsparung, dieses nicht unwesentlichen Anteils der täglichen Ausgaben, lediglich um einen von uns gern gesehenen Nebeneffekt handelt. Die
eigentliche Qualität dieser, nennen wir sie Gemeinschaften, liegt im organisierbaren Kennenlernen des Neuen, des Fremden. Auf meinen bisherigen Reisen war es mir meist nur schwer möglich einen
wirklich engen Konatkt zu Einheimischen aufzubauen. Wie auch? Klar, man kann abends bei ein paar Bierchen über seine unterschiedlichen Kulturhintergründe philosophieren. Aber das ist eben nicht,
was ich unter "Fremde kennenlernen" verstehe. Dazu war die Zeit meist zu begrenzt. Und wo trifft man Einheimische mit der richtigen Absicht, mit keiner finanziellen? Kurzum, es ist schwierig.
Zuweilen ist es gelungen, aber diese Begegnungen bildeten stets eine Ausnahme. Ich habe wildfremde Chinesen, damals als wir noch in Frankfurt wohnten, auch nicht vor dem Hauptbahnhof
angesprochen. Habe sie auch nicht zum Handkäs mit Musik und Ebbelwoi am Abend eingeladen. Oder noch besser, für ein paar Tage mein Wohnzimmer geräumt um ihnen zeigen zu können wie ich lebe.
Aber genau das ist mit Hilfe des Internets jetzt weltweit möglich. Zufallsbekanntschaften werden geplant und sind damit nicht mehr zufällig. Wie gut das funktioniert, davon waren wir selbst
überrascht. Jetzt sind wir so überzeugt von dieser Idee, von unseren großartigen, bisherigen Erfahrungen und so voller Neugier auf mehr, dass wir unsere zukünftigen Reiseziele vorrangig - nicht
auschließlich - über die Anzahl der Mitglieder in den einzelnen Internetgemeinschaften hin auswählen. Das scheint mir sinnvoll um unserem Vorhaben, Land und vor allem Leute kennenzulernen,
weiterhin erfolgreich nachkommen zu können. Je mehr Mitglieder prozentual in Dörfern, Städten und Ländern registriert sind, desto größer ist die Neugier, Offenheit, das Interesse und die
Gastfreundschaft dort, desto geringer die Xenophobie und der Fremdenhass. Soweit meine bisherigen Erfahrungen in Ostasien. Die Mitgliederzahl scheint repräsentativ für Hospitabilität der
zumindest teilgebildeten, der Mittelschicht aufwärts angehörenden Bevölkerungschichten. Diese Einschränkung muss gemacht werden. Ohne Internetzugang und einigermaßen vernünftigen
Englischkenntnissen bleibt einem dieser Teil der Welterfahrungen mit dem Fremden und der Fremden verschlossen. Das schreckt mich nicht ab, sondern vereinfacht es uns. Ich bin im Moment nicht
bereit mir Dorfdialekte fast ausgestorbener Grunzsprachen anzueigenen, nur um damit meine grundlegendsten Bedürfnisse äußern zu können. Dazu bin ich zu wenig Ethnologe und zu viel "Stadtbauer"
mit Soziologiediplom. Die Welt von heute gemeinsam zu erfahren, sie zu leben, sie in Frage zu stellen ist mein Anliegen. Meine Bedürfnisse können durch einen großen Teil der Mitglieder befriedigt
werden.
Die Vielfalt unserer bisherigen Gastgeber kennt keine Grenzen. Superreiche, weniger Superreiche, Familien, Singles, Junge, Alte, Männer, Frauen. Wir wohnten im Penthouse im Stadtzentrum, hatten
mehrere Male eigene Hausangestellte, die sich um uns bemühten, wir logierten auf dem Lande, in kleinen Zimmern, kaum größer als eine Abstellkammer. Wir schliefen in Villen auf Kingsize-Betten mit
Hundert-Dollar-Kissen, zu zweit auf einer spartanischen 80 cm breiten Matratze aus Schaumstoff für mehrere Tage und wenn's sein musste mit einer Decke auf dem Boden. Die Unterkünfte waren so
verschieden wie ihre Besitzer. Muslime, Christen, Buddhisten, Taoisten, Animisten, Agnostiker, Atheisten. Ihre Etnizitäten dazu bunt wie ein Malkasten. Alle haben unser Leben bereichert, wenn
auch in unterschiedlichem Maße. Manchmal blieb es bei einer einfachen Bekanntschaft, manchmal ist daraus eine wirkliche Freundschaft gewachsen. Wir wohnten bei ihnen zwischen einem Tag und 5
Wochen. Wir haben Erfahrungen gemacht von denen wir träumten, indem wir Einblicke in fremde Kulturen, Gebräuche und Traditionen bekamen. Oft haben wir weder ihre politische Einstellung, noch ihre
Lebensphilosophie geteilt und trotzdem haben wir uns immer respektiert. Ich schreibe das hier voller Überzeugung, weil ich der Auffassung bin, dass genau so etwas einer der richtigen Wege ist, um
einander besser zu verstehen, hinderliche Vorurteile abzubauen und sich näher zu kommen.
Allein kannst Du die Welt nicht verbessern, aber gemeinsam - vielleicht. Und selbst wenn nicht, schlechter wird sie dadurch sicher nicht, nur spannender.
Nochma' Danke Euch allen und CU again!
Auf viele neue Erfahrungen. Cheers!
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